Schatten der Erinnerung
“Erlittenes Unrecht und die Verletzung des eigenen, als richtig empfundenen Denkens lagert sich wie ein Sediment am Grund der Selbstwahrnehmung von Nationen und Individuen ab und führt immer wieder zu kriegerischen Konflikten. Ein anderer, anhaltender Konflikt ist der zwischen den Geschlechtern. Aktuell wird das besonders in den radikal islamischen Ländern deutlich, wo Frauen weiterhin Teil der Kriegsbeute und Objekte männlicher Willkür sind und ihnen Bildung und Selbstbestimmung versagt werden.
Die Arbeitsserie ist durch meine Auseinandersetzung mit Adalbert von Chamissos 1813 entstandener zeitkritischer Erzählung „Peter Schlemihls wundersame Geschichte“ inspiriert. Der verarmte Schlemihl lässt sich von Reichtum und Macht blenden und verkauft dem Teufel seinen Schatten und seine Seele für einen immer mit Golddukaten gefüllten Beutel. In der folgenden Beschreibung seines Schicksals wird sein unbedacht aufgegebener Schatten zu einem Synonym für den Materialismus und die Seelenlosigkeit seiner Zeit. Schlemihl bezahlt das viele Gold mit dem Verlust seiner Geliebten, er wird bedroht und von den Ärmsten als schattenloser Fremder verachtet und aus der menschlichen Gemeinschaft ausgestoßen. Die Erzählung ist ein warnendes Gleichnis dafür, Machthunger und materieller Gier nicht Liebe, innere Zufriedenheit und geistige Werte zu opfern.Mein Projekt umfasst in einer Gesamtinstallation Pigmentdrucke, Videos und einen Wandfilm.”
Über Gisela Weimann
Gisela Weimann (Bad Blankenburg *1943, lebt in Berlin) studierte Malerei an der Universität der Künste Berlin, freie Grafik und experimentelle Fotografie am Royal College of Art in London und Film am San Francisco Art Institute. Danach lebte sie bis 1981 in Tepoztlán, Mexiko. 1997 war sie Stipendiatin in der Villa Aurora in Los Angeles. Ihr Lebensweg ist durch zahlreiche Reisen, Studien- und Lehraufenthalte im Ausland geprägt. 2002 erhielt sie den Kritikerpreis für Bildende Kunst des Verbandes der Deutschen Kritiker e. V. In ihrer Laudatio schreibt Professor Dr. Stefanie Endlich:
„…Breite und Vielfalt ihrer künstlerischen Ausdrucksform und Arbeitsweise reichen von Malerei und Grafik, Fotografie und Film, Mail Art, Installationen und Environments bis zu multimedialen Projekten, Aktionen, Performances und Kunst im öffentlichen Raum. Und spartenspezifische Grenzen überwindet sie durch interkulturelle und interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern aus dem Theater-, Musik- und Filmbereich sowie mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen…“
Ihre Arbeiten werden international gezeigt und umfassen Ausstellungen, Klanginstallationen und multimediale Performances, u. a.: “Une mer deux rivages“, MAC.A, Asilah/Marokko (2014-15); „Mein Schatten bleibt“, Einzelausstellung, Haus der Kunst Brünn/Tchechische Republik (2014); „Anfang Ende Hier Jetzt“, Einzelausstellung, Kunsthalle Brennabor, Brandenburg an der Havel (2013); Welt in Flammen“, Casablanca Biennale/Marokko (2012); „Memorias“, Palacio de la Mosquera, Arenas de San Pedro/Spanien (2011); „La Notte Blu“, Teatro Fondamenta Nuove, Venedig/Italien und galerie futura, Berlin (2010); „Bläserballett I“, Body Navigation Festival”, St. Petersburg/Russland und „Espacios Mediterraneos“, Casa de las Conchas, Salamanca, Spanien (2008); „Transatlantische Impulse“, Martin-Gropius-Bau Museum, Berlin (2005); „Oper für 4 Busse“, Museumsinsel Festival Berlin (2001).